Artikel in der Woman: Was darf man als Affäre?

Vor fast genau einem Jahr habe ich bereits bei einem gelungenen Beitrag in der Woman „So geht Liebe!“ mitwirken dürfen. Umso mehr hat es mich gefreut, als ich vor einigen Wochen abermals eine Anfrage erhalten habe, ob ich nicht Lust hätte erneut bei einem Artikel mitarbeiten zu wollen. Diesmal ging es um das Thema Affäre und der Beitrag war in der 7. Woman-Ausgabe 2016 vom 17. März 2016 zu lesen. Ein herzliches Dankeschön an die Redakteurin Melanie Zingl und an das restliche Team der Woman-Redaktion.

Es folgt der abgetippte Artikel sowie Bilder im Anschluss:

Sex, Spaß, Spontanität: So wäre heimliche Liebe ideal! Für Singles, die Fun wollen, und für Vergebne, die Abwechslung suchen. In der Realität wird’s aber oft kompliziert. Diese elf Fragen sollten Sie unbedingt klären.

Keine Verpflichtungen. Keine Rechtfertigungen. Keine Regeln. Die Affäre ist gerade deshalb für viele das perfekte Beziehungsmodell. Kein allzu fixes Binden, man kann alles, muss aber nichts! Coole Sache – doch die Wahrheit sieht meistens anders aus. Nach dem ersten Gefühlsrausch tauchen trotz der nur losen Verbindung zwischen den Partnern viele Probleme auf. Darf ich eifersüchtig sein? Was, wenn ich plötzlich doch mehr will? Darf ich mein G’spust Freunden oder sogar den Kindern vorstellen? Die Paartherapeutinnen Sabine Weiss und Doris Jeloucan geben Antworten.

Rituale geben Halt. Eine Affäre ist eine Liebesbeziehung, wenn auch keine konventionelle. Dabei entwickeln sich automatisch gewisse Rituale. Beziehungscoach Sabine Weiss erklärt das so: „In dem Fall wird es eben nicht das regelmäßige, gemeinsame Essen bei den Schwiegereltern sein, sondern eher das Schäferstündchen in der Mittagspause. Auch wenn am Anfang alles neu und aufregend ist, wünscht sich unser Hirn eine gewisse Vorhersehbarkeit und Kontrolle.“ Vor allem, wenn man etwas tut, wobei man nicht erwischt werden will.

Ansprechen! Daran führt kein Weg vorbei. Für Psychologin Doris Jeloucan ist Verliebtsein auch die logische Folge eine Affäre, denn „Sex bindet! Das Heikle daran ist dann immer, als Erster seine Gefühle zu offenbaren.“ Das Ganze hat logische Gründe: Nach dem siebten Mal Sex starten im Gehirn durch die Ausschüttung von Oxytocin Bindungsprozesse. Und was dann? Am besten offen sagen, dass man gern mehr hätte. „Dann hat der andere Zeit, darüber nachzudenken und Position zu beziehen“, so Jeloucan. „Leider erlebe ich aber oft, dass unklare Aussagen getroffen werden, wie: ,Jetzt im Moment kann ich meine Frau nicht verlassen.‘ Da braucht es dann persönliche Stärke – und Wissen um den eigenen Selbstwert. Das beugt vor, um nicht in eine Warteposition zu rutschen.“

Lieber nicht! Besser auf beiden Seiten bedeckt halten, sonst wäre das nur eine Egokränkung. Große Ausnahme: „Wenn es aus irgendeinem Grund zu ungeschütztem Sex kommt und das gesundheitliche Risiken mit sich bringt“, meint Expertin Jeloucan.

Dürfen tut man alles! Zuerst muss aber schon geklärt sein, um welche Art der Affäre es sich handelt: Treffen sich zwei gebundene Menschen, sind beide Single, einer vergeben oder ist es schon mehr eine Parallelbeziehung? Jeloucan: „Sobald Eifersucht im Spiel ist, würde ich mich jedenfalls fragen: Kann es sein, dass ich mehr will?“

Warum nicht? Single-Coach Doris Jeloucan gibt jedoch zu bedenken: „Ist ein ,Ich liebe dich‘ dem Rahmen einer Affäre angemessen? Wenn ich in mir den Drang verspüre, das zu sagen, dann ist es ein klaren Zeichen dafür, dass der äußere Rahme mit dem eigenen Empfinden nicht mehr zusammenstimmt.“ Grundsätzlich gilt aber: Die Spielregeln machen sich immer die Beteiligten untereinander aus.

Keine Regeln, kein Zwang. Täglich, nur am Wochenende, alle paar Monate mal. „Manche haben zwischen den Treffen gar keinen Kontakt, mache schreiben sich ständig. Das ist so unterschiedlich wie bei herkömmlichen Beziehungen“, sagt Sabine Weiss. Sobald man beginnt, darüber nachzudenken, ob man sich melden muss, soll oder darf, wird es kompliziert. Und ist, laut Experten, ein ersten Alarmzeichen, um sich zu fragen: Passt mir die Situation noch so, wie sie ist?

Mit einer SMS verabschieden? Ein Post-it hinterlassen? Oder einfach ohne ein Wort verschwinden? Geht gar nicht! Da sind sich beide Paartherapeuten einig. Schlussmachen ist genauso persönlich wie Sex – und hat auch in privaten Rahmen zu erfolgen. Coach Weiss stellt klar: „Sagen Sie konkret, was Sie wollen und setzen Sie Grenzen. Zum Beispiel: ,Wenn wir uns in der Öffentlichkeit begegnen, werde ich dich grüßen, aber keine Unterhaltung führen. Ich wünsche mir keinerlei Kontakt via Facebook, WhatsApp oder mail. Und keine Anrufe.“ Bei Affären mit Arbeitskollegen ist das Ganze natürlich schwieriger. „Vereinbaren Sie, dass etwa nur jobbezogene Inhalte und keine Gefühle besprochen werden. Und entschuldigen Sie sich, fall Sie der Person falsche Hoffnungen gemacht haben.“

Natürlich! Oft sind die Grenzen fließend“, sagt Jeloucan. „Wenn der erste Hormonrausch abgeklungen ist und er Verstand wieder einsetzt, entscheidet man oft, dass man dem Partner nicht weh tun will, den anderen Mensch aber auch wertschätzt und nicht aufgeben will.“ Lebensberaterin Weiss warnt: „Meistens verläuft es sich, weil es für einen der beiden unbefriedigend wurde. Oder es entwickelt sich bei Vergebenen eine Art Parallelbeziehung nebenbei.“

Individuell Regeln. „Vor allem gebundene Männer leben in Affären ihr Bedürfnis nach Romantik aus, das die Frau neben Kindern und Haushalt nicht erfüllen kann. Andere beschränken sich auf reine Lust“, weiß Coach Sabine Weiss aus ihrer Praxis. Auch Expertin Jeloucan unterstreicht: „Zu Beginn einer Affäre ist meist Romantik dabei – ein kleines Verlieben mit dem Hauch des Verbotenen!“ Erlaubt ist also alles, was dem anderen keine falschen Hoffnungen macht.

Achtung! Bei Affären zwischen zwei Singles kommt irgendwann die Frage auf: Wann stellt man den Kindern einen neuen Partner vor? „Ich würde eine reine Affäre nur dann nicht mehr verstecken, wenn sie bereits aus der Pubertät draußen sind und es emotional zumutbar ist. Oder aber, wenn sich die Affäre zu einer Beziehung entwickelt hat“, hält Psychologin Jeloucan fest. „Ich plädiere ganz klar dafür, die Kinder zu schützen und das zu trennen. Die Kleinen bekommen, auch unterschwellig, weit mehr mit, als man ihnen zutraut.“ Eine neue Bezugsperson sollte stabil sein und vorhaben, zu bleiben. Natürlich gibt es keine Garantie, dass es o sein wird, aber eine bessere Voraussetzung als ein One-Night-Stand oder eine Affäre ist es schon.

Wollen Sie das!? Bei Freunden ist es meistens unproblematisch, vor allem wenn die Affärenpartner ledig sind. „In der eigenen Familie hat es meistens trotzdem keinen Platz. Irgendwann kommt dann bei Feiern ja immer die klassische Frage: ,Und, wie lange seid ihr schon zusammen?“, so Jeloucan. Anders ist es noch einmal, wenn es sich um verheiratet Partner handelt. Familiencoach Weiss: „Paare, die in offenen Partnerschaften leben, haben oft explizit ausgemacht, dass sie andere in der Öffentlichkeit treffen dürfen. Wenn der jeweilige Partner aber nichts von der Affäre wie, wäre es anmaßend und kränkend, die Liebschaft zu Familie und Freunden mitzubringen.“

© Woman, Melanie Zingl,



Wann wurde der Artikel veröffentlicht?

In der 07. Ausgabe 2016, erschienen am 17. März 2016, in der Woman.

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